Sonntag, 12. September 2010

Viel los

Meine alte Wohngegend war eher von Ureinwohnern geprägt - alte, zum Teil freundliche und allesamt neugierige Nachbarn. Die Häuser hatten höchstens zwei Etagen, es war nicht weit zum Park und Rossio war gleich nebenan - der berüchtigte Festplatz, auf dem jeden zweiten Dienstag im Monat ein Markt stattfindet, bei Stierkämpfen oder Konzerten in der Arena (ja, es ist eine Mufu-Arena) auch gern als Parkplatz genutzt. Jeden Morgen entweder 8:30 oder 9:00 Uhr kam das Bäckerauto (jedenfalls immer, wenn ich um die Zeit daheim war), hat gehupt und an der Einfahrt zu unserer sehr kurzen Straße gehalten und die Omis und Opis mit frischen Brötchen versorgt. Auf der Kopfsteinpflasterstraße rings um Rossio war eigentlich immer Verkehr und vor allem Sirenen von Krankenwagen, Polizei und Feuerwehr hat man oft gehört. Rossio ist nämlich von drei Seiten von Einbahnstraßen umgeben. Wenn man also einmal drin ist in der Verkehrsführung musste man zwangsläufig bei uns vorbei. Allerdings war es genau das. Vorbeifahren. Zum Anhalten gab es kaum einen Grund.

Jetzt bin ich wenige hundert Meter stadtauswärts gezogen, in eine neuere Wohngegend, und bin damit schon fast wieder raus aus der Stadt - ja, Évora ist nicht groß, jedenfalls nicht in diese Richtung. ;) Die Häuser haben etwa vier Etagen, die Straße Asphalt und die Nachbarn sind allerhöchstens nur noch halb so alt und natürlich vielzähliger. Es gibt deutlich weniger Sirenengeheul hier, allerdings mehr Verkehr insgesamt. Gleich nebenan ist ein kleiner Kreisverkehr - eigentlich eine normale 4-Straßen-Kreuzung, aber die Portugiesen lieben Kreisverkehre und praktisch sind sie ja in der Tat. Allerdings kommt mir die Kreisverkehrregelung in Portugal ziemlich komisch vor. Bisher hab ich noch kein richtiges System dahinter erkannt. Ein befreundeter Franzose, der hier Auto fährt, ist auch noch nicht dahinter gekommen. Deshalb hab ich das mal beobachtet. Ich hab das ja so gelernt: reinfahren nach rechts rum ohne zu blinken und nur beim Rausfahren wird geblinkt. Klingt logisch, verständlich, einfach, übersichtlich, effektiv (keine typisch portugiesischen Eigenschaften, nach meinen bisherigen Erfahrungen).
Also, wie machen die das? Soweit ich das verstehe, behandeln sie den Kreisverkehr, als wäre es eine normale Kreuzung. Wenn sie also in einem Vierer-Kreisverkehr (wie der vor meinem Haus) die erste Abfahrt nehmen wollen, blinken sie rechts, bei der zweiten gar nicht und bei der dritten links. Ich weiß nicht, was sie tun, wenn sie umkehren wollen - wahrscheinlich einfach warten, bis grad niemand guckt :) Komplexer wird das bei großen Kreisverkehren, denn da sieht man natürlich oft nicht, wo ein Auto reinkommt und daher weiß man auch nicht, wo es laut Blinkung hin will. Um das System zu verstehen müsste ich wohl nochmal umziehen. Es hat jedenfalls etwas mit verschiedenen Fahrspuren zu tun. Also wer raus will, fährt rechts und wer drin bleibt fährt links (innen). Allerdings gehen auch manchmal mehrere Fahrspuren aus dem Kreisverkehr raus... Und wie das da mit dem Blinken ist, kann ich auch nicht sagen.
Mich hat diese Kreisverkehrsbehandlung etwas gewundert (nur ein ganz kleines bisschen, nach mehr als anderthalb Jahren in Portugal). Aber von meinem Beobachtungsposten konnte ich feststellen, dass sogar Fahrschulen dieses System anwenden. Und ich dachte, Verkehrsregeln werden nach und nach EU-weit gleichgebügelt. Vielleicht gibts also bald EU-weit die portugiesische Methode, dann wisst ihr wenigstens auch, wovon ich hier schreibe ;)

Außer dem Kreisverkehr gibts hier aber noch viiiieeeel mehr zu sehen, zum Beispiel aufgebrochene Bäckertransporter, liegengebliebene Kleinwagen und Straßenfeger mit portugiesischer Effizienz. Da ich aber jetzt schon wieder so viel geschrieben hab, werd ich das erstmal nicht weiter ausführen.

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