Mittwoch, 29. September 2010

Von Gestern

Ich war gerade joggen. Da kann man so schön nachdenken. Wenn mich etwas beschäftigt oder aufregt, hilft es eigentlich meistens, eine Runde zu rennen. Dann ist der Kopf wieder frei und man kann beruhigt ins Bett gehen, ohne das Problem in selbigem durchdenken zu müssen. Heute hatte ich viel zu denken. Und nach einer Stunde, in der ich überhaupt nicht gemerkt habe, dass ich laufe, war ich irgendwie noch nicht fertig damit. Falls ich also irgendwann einen Halbmarathon laufen will, muss ich mir vorher nur ein Problem anlachen und ein paar Wochen schmoren lassen - das hält dann schon für 2-3 Stunden. ;) Damit ich nachher trotzdem wie gewohnt schnell einschlafen kann, muss ich es eben noch aufschreiben.

Ihr habt sicher schon mal vom Charme südländischer Männer gehört. Genau das ist mein Problem. Ich habe ja nichts gegen Männer, die mir Komplimente machen. Aber das ist mir hier meines Wissens auch noch nicht passiert (außer gelegentlich von Männern, die ich kenne und die nicht zwingend Südländer sind). Hier starren sie einen an, sie glotzen, sie hupen, sie rufen einem aus fahrenden Autos zweifelhafte Bemerkungen zu. Ich gebe zu, dass ich die Worte, die sie da rufen, nicht verstehe. Aber der Tonfall und die Art und Weise (aus fahrenden Autos...) sprechen eine deutliche Sprache. Es sind die Jüngeren, die sich so lautstark bemerkbar machen. Männer mittleren und höheren Alters beschränken sich aufs visuelle Grabschen (sorry, es fällt mir kein besserer Ausdruck ein, das zu beschreiben) oder eine gemurmelte Bemerkung im Vorbeigehen. Natürlich nur, wenn sie meinen, die Ehefrau merkts nicht. Damit liegen sie natürlich meist falsch und ich ziehe somit auch die geringschätzigen Blicke der Frauen mittleren Alters auf mich.
Ehe hier ein falsches Bild entsteht: Es sind natürlich nicht alle so. Und ich glaube fest daran, dass es liebe und nette Portugiesen gibt, die sich anständig benehmen. Aber vorsichtig geschätzt trifft es auf etwa ein Viertel der Männer zu. Es passiert also nicht ab und zu mal, sondern mehrmals täglich. Jedenfalls das Glotzen. Zurufe bekomme ich etwa einmal die Woche. Und das zerrt ganz schön an meinen Nerven! Ich werde paranoid, glaube alle starren mich an, ich lächle nicht mehr, wenn ich die Straße entlang gehe - es könnte ja missverstanden werden, ich werde verbittert und freue mich, meine Wohnungstür hinter mir schließen zu können. Laufen ist für mich oft nicht mehr Entspannung sondern eher ein Spießrutenlauf. Aber ich will doch mein Lächeln, meine positive Einstellung und mein Bemühen um Vorurteilsfreiheit nicht aufgeben! :(

Wie machen das also die portugiesischen Frauen? Passiert denen das nicht? Stört die das nicht? Ich hab das mal beobachtet. (Nein, ich hab niemanden angestarrt dabei!)
Die Männer glotzen! Ganz offen! Aber nicht ins Gesicht oder auf die schönen langen Haare, die die meisten jungen Frauen hier haben - falls ihr versteht, was ich meine...
Bei mir kommt dann wahrscheinlich noch erschwerend hinzu, dass ich anders bin. Portugiesische Frauen joggen nicht, sie tragen keinen Rucksack zum Einkaufen, sie fahren nicht Fahrrad (ehrlich!). Gut, ich will nicht wieder alle über einen Kamm scheren. Das haben sie sicher nicht verdient - das hat niemand - aber es ist äußerst selten. Von meiner Radtour am Samstag hatte ich ja kurz berichtet. Ich habe (für Portugal) relativ viele andere Radfahrer getroffen unterwegs, etwa 20 vielleicht. Und 0% davon waren Frauen - und nein, es fehlt keine 1, 2 oder 3 davor!

Ich werde jetzt noch ein wenig Bram Stokers Dracula lesen, um mein aufgewühltes Gemüt zu beruhigen ;) Ein sehr gutes Buch übrigens! Danke der großzügigen Schenkerin :)

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